Der Cocker
Die Frage nach der Verantwortung
Die Pflicht zur Verantwortung für den Partner Hund ergibt sich vor allem aus dessen im Tierreich einmaliger Bindung an den Menschen.
Der hat im Laufe der Domestikation seine Eigenständigkeit vollständig aufgegeben. Er ist von uns abhängig und zwar keineswegs nur auf der Ebene, den Kühlschrank nicht allein öffnen zu können. Hunde brauche die Nähe Des Menschen zum Wohlbefinden. Das ist keine Gefühlsduselei und auch keine vermenschelte Interpretation, sondern wissenschaftlich erwiesen. Diese Erkenntnis sollte uns nicht überheblich machen, ganz im Gegenteil. Uns sollte bewusst werden, dass der Hund uns, unseren Launen, unserer Fürsorge, aber auch unserer Sorglosigkeit ausgeliefert ist. Es liegt somit allein an uns , ob sein Leben bedarfsgerecht verläuft.
Verantwortung des Züchters
Die fundamentale Rolle spielt zweifelos der Züchter. Sein Part beginnt bereits bei der Wahl der Zuchtpartner Sein erklärtes Zuchtziel sollte nicht die Produktion von Champions sein. Deren Zucht ist Glückssache und Glück kann man bekanntlich nicht erzwingen. Sein Leitmotiv sollte vielmehr der an Leib und Seele gesund Welpe sein. Zu einer verantwortungsvollen Zucht gehört also vor allem eine sorgfälltige Zuchtplanung.Des Züchters Verantwortung ist mit der Zuchtplanung keineswegs abgeschlossen. Mit dem körperlichen Gedeihen der Welpen ist es auch nicht getan, denn das stellt sich bei gesunden Tieren und deren bedarfsgerechter Haltung nahezu von allein ein. Der weitaus schwierigere Teil der Welpenaufzucht ist die Schaffung eines soliden Fundaments, um die jungen Hunde zu verhaltenssicheren und gesellschaftsfähigen Partnern des Menschen zu formen.
Verantwortung der Zuchtrichter
Eine wesentliche Verantwortung tragen in der Rassehundezucht die Zuchtrichter. Sie übernehmen nämlich im Grunde die Wegweisung für den Züchter. Den bei richtiger Rollenverteilung muss sicher dieser am Urteil des Zuchtrichters orientieren können. Er muss im Grunde züchten, was der Richter gut heißt. Damit fällt dem Zuchtrichter die Rolle eines Wächters über die Rassen zu, die er durchaus als kulturellen Auftrag zu sehen hat.
Verantwortung des Hundehalters
Die längste Zeit seines Lebens verbringt der Hund bei seinem Halter. Desssen Verantwortung hat nun wieder eine ganz andere Qualität als die des Züchters oder Zuchtrichters. Er trägt nämlich keine Verantwortung für die Rasse, sondern für das Individuum, für seinen Partner Hund. Deshalb sollte sicher der zukünftige Hundebesitzer auch bewusst machen, auf was er sich bei der Anschaffung eines Hundes einläßt, nämlich auf eine lange gemeinsame Wegstrecke, die wie alle gemeinsamen Wegstrecken nicht nur Spaß, sondern auch Mühe mit sich bringt.Die Anschaffung eines Hundes darf nie das Ergebnis einer spontanen Laune sein, sondern muss gründlich erwogen werden. Es sind wichtige Entscheidungen zu treffen, Entscheidungen zwischen Rüde und Hündin, zwischen Mischling und Rassehund und wenn Rassehund, dann zwischen der enormen Vielfalt verschiedenster Rassen mit unterschiedlichen Ansprüchen.
Grundbedürfnisse der Hunde
Natürlich haben alle Hunde gemeinsame Grundbedürfnisse, die es zu befriedigen gilt. Als Beispiel sei hier das Bedürfnis nach einem Leben in einem sozialen Verband angesprochen. Der hundlichen Abstammung entsprechend war dies zunächst das Wolfsrudel. Als Folge seiner Domestikation ist es nun die Menschenfamilie. Auch Jahrtausende haben dieses Bedürfnis nicht abgeschwächt, sondern eher verstärkt und somit ist der nahe liegende Schluss aus dieser Situation: Der Hund gehört in die Familie. Er darf kein dauerhafter Zwingerbewohner, womöglich noch in Einzelhaft sein, der nur angesprochen wird, wenn es dem Menschen gerade passt.
Körperliche und geistige Auslastung
Die Bedürfnisse des Hundes werden übrigens keineswegs ausreichend befriedigt, wenn wir ihn zur Laufmaschine reduzieren. Natürlich tut ihm Bewegung gut und für körperlich geeignete Hunde ist eine regelmäßige Fahrradtour als Muskel- und Kreislauftraining ein bestens geeignetes Hilfsmittel. Man darf nur dabei nicht aus den Augen verlieren, dass es im Grunde für ihn eine höchst stupide Angelegenheit ist, wenn er angeleint neben dem Fahrrad herrennen muß.Es befriedigt seinen Beschäftigungsbedarf nur sehr unzureichend.Dass dies so ist, demonstriert der eigene Hund bestens:Eine Fahrradtour oder ein ausgedehnter Spaziergang ermüden ihn zwar, aber nach einem Kurzschlaf ist er wieder putzmunter. Muss er aber einen Ausstellungstag oder ein intensives Prüfungstraining überstehen oder auch ein gründliches Shopping kreuz und quer durch die Fußgängerzone mitmachen, dann stellt sich die Müdigkeit für Stunden, manchmal sogar bis in den nächsten Tag hinein ein.Vor allem sein Gehirn und seine Sinne sollten also angesprochen werden, was eben mit seinem Ursprung als Rudeltier zu tun hat.Denn ein soziales Gefüge kann nur funktionieren, wenn die Rudelmitglieder kommunizieren und sich sinnlich orientieren können. Und genau dies möchte der Hund. Er möchte gewissermaßen mitreden können.Dieses hundliche Bedürfnis zu befriedigen, bedeutet für den Hundhalter Zeit zu investieren. Wenn er diese nicht aufbringen will oder kann, ist ein Hund nicht der richtige Partner für ihn.
Haus und Garten
Eine vermeintliche Voraussetzung für eine bedarfsgerechte Hundehaltung, die in der Regel völlig überschätzt wird, ist das Raumproblem. Oft ist ein Argument zu hören: „Wir haben jetzt einen großen Garten, nun können wir uns einen Hund leisten“. Das ist ein falscher Schluss, denn der große Garten tut zwar dem Gewissen des Hundehalters gut, für den Hund spielt er aber absolut keine befriedigende Rolle, wenn er sich hier mehr oder weniger selbst überlassen ist. Der Garten dient ihm vor allem als Warteschleife auf die nächsten gemeinsamen Aktivitäten mit seinem Menschen. Er kann in einer dritten Wohnungsetage durchaus besser untergebracht sein, als im großen Garten, vorausgesetzt seine Menschen kümmern in genügendem Maße um ihn und seine Bedürfnisse. Ich rede hier nicht etwa vom Neufundländer im kleinen Appartement. Ich möchte aber den Irrglauben korrigieren, dass das Wohlbefinden des Hundes vor allem von der Größe und Beschaffenheit seines Umfeldes abhängt. Das spielt für ihn nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr ist es die Nähe zu seinem Menschen und die Art und Weise , wie dieser sich mit ihm beschäftigt.
Rassespezifische Bedürfnisse
Neben allen Hunden gemeinsamen Eigenarten gibt es natürlich rassespezifische Bedürfnisse, denn es wird jedem einsichtig sein, dass ein Hütehund, ein Jagdhund oder ein Schoßhund unterschiedliche Ansprüche stellen, die auch für die Anschaffung eines Hundes zu bedenken sind.Je nachdem, was Menschen von Ihren Hunden erwarten, werden sich solche Abwägungen auf zwei unterschiedlichen Ebenen abspielen.Die einen wollen einer Hund, der „nur“ Familienmitglied sein soll, eigentlich die schönste Rolle des Hundes. Diese Menschen müssen bei der Entscheidung, welcher Typ es denn sein soll, mehr „Allgemeines“ beachten wie voraussichtliche Größe usw.
Quelle:
VDH Hundezucht - Dr. Helga Eichelberg (Hrsg.)